Rheinpfalz, 27.4.2016
Frisch und unmittelbar
Passend zum Sonntag Cantate fand in der protestantischen Kirche St. Julian ein Konzert mit dem aus Ulmet stammenden Organisten Gerhard Müller und Pfarrerin Bettina Lukasczyk statt, die die Musik mit Bildbeiträgen untermauerte.
Beide waren Klassenkameraden in der Schule. Bei einem Treffen war die Idee zu diesem Konzert entstanden, bei dem die theologische Ausdeutung von Psalmen zusätzlich mit Bildbeispielen verdeutlicht wurde. Diesen Teil hatte Lukasczyk übernommen.
Müller beschäftigt sich schon länger mit dem Bearbeiten populärer Musiktitel für die Orgel, wobei er eigenständige Werke schafft. Dabei versteht er es, diese Melodien in bestimmte Stimmungen hineinzulenken, um damit seine Auffassung vom Psalminhalt darzulegen.
Als Kirchenmusiker kann er mit Psalmen umgehen, die im Alten Testament für Juden und Christen gedichtete Gebete sind. Sie wurden ursprünglich singend vorgetragen. Müller improvisiert beim Spielen; dadurch wirkt sein Spiel sehr frisch und unmittelbar. Zusammen mit Lukasczyk hatte er passende Psalmen zur Musik ausgesucht. Der Song „Lead me to the cross“ von Hillsong United führte fast wörtlich zu Psalm 139 mit seinem Flehen um Gotteserkenntnis. Zu der innigen, besinnlichen Musik lief auf der Leinwand ein Film einer unbewegten Kamera, die mit an einem Gipfelkreuz vorbeiziehenden Wolken die Ewigkeit erahnen ließen. Die Aussage der Verse wurde so als Einheit sicht- und hörbar.
Psalm 69 handelt von dem Wunsch, die Feinde vernichtet zu sehen, visuell dargestellt durch einen Tanzfilm mit Schwert-Zweikämpfen. Die Musik nach „Pirates of the Caribbean“ von Hans Zimmer untermalte diese Kämpfe, verkündete auch die Hoffnung auf den Sieg. Ähnlich erfüllte sich die Glücksverheißung von Psalm 16 auch bei „Coming back to Life“ von Pink Floyd, als die Wolken wichen und endlich die Abendsonne auf der Leinwand freigaben. Die Stumm-Orgel über dem Haupteingang klang dazu voller Wonne.
Etwas zu viel der Ablenkung durch Bilder aus dem Weltall zu „Canto della Terra“ von Francesco Sartori bot die bildliche Umsetzung von Psalm 104, der die Allmacht Gottes beschwört. Stehende Bilder erlaubten dann dem sehr zahlreichen Publikum doch noch, mehr Aufmerksamkeit auf die prächtige Musik zu richten. Zu Müllers Spiel des Gefangenenchors aus Giuseppe Verdis Oper „Nabucco“ wurden verstörende Bilder von Gefangenen in gewaltsamen Konflikten gezeigt. Psalm 124 handelt von der Rettung aus Gefangenschaft, wobei Lukasczyk darlegte, dass Glaube und Freiheit zusammengehören. Am Schluss des Titels flog ein Vogel unter Trillern der Orgel aus dem Käfig.
Insgesamt war es ein in vielerlei Hinsicht inspirierendes Konzert mit einem sehr versierten Organisten und einer engagierten Theologin, das insgesamt elf Psalmen ausdeutete, manchmal nicht ganz leicht verständlich. Ein lang anhaltender Beifall des begeisterten Publikums belohnte beide Akteure. Zum Schluss sangen die beglückten Besucher gemeinsam „Wohl denen, die da wandeln“ in der Nachdichtung von Psalm 119 von Cornelius Becker, vertont von Heinrich Schütz. (hjse)